Onur Ayik im Interview

Onur Ayik ist ein deutsch-türkischer Fußballprofi, der seit 2015 bei Akhisar Belediyespor in der türkischen Süper Lig unter Vertrag steht. In der Jugend spielte Onur acht Jahre für den SV Werder Bremen und war türkischer Junioren-Nationalspieler. Nach Aaron Hunt und Philipp Bargfrede unterzeichnete Onur Ayik als nächstes Werder-Eigengewächs im Jahr 2010 seinen ersten Profi-Vertrag bei den Grün-Weißen.

Für transferiva traf Tolga Ünlü Onur Ayik im November 2018 in der Türkei zum Interview, in welchem der Offensivspieler erzählt, was er Jugendspielern von heute rät und wie er nach einem Karrieretiefpunkt den Sprung von der Regionalliga in die türkische Süper-Lig geschafft hat.

 

onur ayik mit tolga ünlü

Onur Ayik (r.) trifft Tolga Ünlü von transferiva (l.)

 

 

Moin Onur, meine erste Frage dreht sich direkt um den SV Werder Bremen. Wie bist du damals zu den Werderanern gekommen? In welcher Jugend hast du damals gespielt?

Ich war zunächst in der Niedersachsen-Auswahl. Beim ersten Training dort wurde ich direkt von Werder gesichtet und zum Probetraining eingeladen. Das müsste die U 11 damals gewesen sein, ich war also noch sehr jung. Werder wollte mich auch unbedingt haben, aber ich habe gesagt, dass das noch zu früh sei und habe gefragt, ob ich ein Jahr später nochmal zum Probetraining kommen könnte. Nach einem Jahr waren sie wieder von mir überzeugt und dann bin ich auch gewechselt.

 

Bist du also der Meinung, dass ein großer Verein wie Werder Bremen nur durch Auswahlmannschaften auf einen aufmerksam wird?

Ja, in der Regel ist das wohl so.

 

>> Hinweis: Wenn ihr euch ein Spiel anschauen wollt, das Onur für den SV Werder bestritt, dann gerne mal ins folgende Video reinschauen: Halbfinalspiel um die U19-Meisterschaft 2009, Gegner ist Mainz 05 mit einem gewissen André Schürrle im Sturm und Thomas Tuchel auf der Trainerbank.


 

Du kennst transferiva ja schon. Was hältst du davon, dass jetzt auch die Möglichkeit für junge, talentierte Spieler besteht, über eine Plattform wie transferiva von höherklassigen Vereinen kontaktiert und zu einem Probetraining eingeladen zu werden?

Ich finde transferiva und das Konzept dahinter sehr gut. Schon zu meiner Jugendzeit haben Fußballkollegen von mir größere Vereine einfach mal angeschrieben, wurden aber meist nicht ernst genommen. Durch transferiva ist das heute anders. Die Vereine können durch einen Klick auf das Profil den Spieler direkt viel besser einschätzen und auch seine Laufbahn nachverfolgen. Dadurch dass Spieler und Verein direkt über die Plattform in Kontakt treten können, macht es den Kontakt auch deutlich einfacher.

 

Onurs Rat an Jugendspieler:

„Man sollte seine Ziele sehr strikt verfolgen. (…) Ich habe immer daran geglaubt, dass sich harte Arbeit irgendwann auszahlt.“

 

Welche wichtigen Bezugspersonen bzw. Mentoren hattest du während deiner Karriere, insbesondere noch zu deiner Zeit als Jugendspieler?

Noch vor meiner Werder-Zeit haben mich insbesondere mein Bruder und mein alter Trainer von meinem „Dorfverein“ sehr unterstützt und wir tauschen uns auch heute nach Spielen noch regelmäßig aus. Das ist mir auch sehr wichtig. Die beiden haben mich damals auch zu Probetrainings begleitet und zu den Trainingseinheiten der Auswahlmannschaften gebracht, die teilweise 60-70km von meinem Wohnort entfernt stattfanden.

 

Was würdest du als Profi den Jugendspielern von heute mit auf den Weg geben? Gibt es etwas, wo du sagst, weil ich das so und so gemacht habe, ist aus mir ein Profifußballer geworden?

Man sollte seine Ziele sehr strikt verfolgen. Es gab auch zu meiner Jugendzeit sehr viele Talente, die es aber nie ganz nach oben geschafft haben. Das lag insbesondere auch daran, dass sie sich mit vielen anderen Sachen als Fußball beschäftigt haben. Ich musste damals wirklich jeden Tag ins Training und habe gewissermaßen auch meine Jugend geopfert für den Fußball. Ich habe immer daran geglaubt, dass sich harte Arbeit irgendwann auszahlt. Das heißt aber nicht, dass man das restliche Leben neben Fußball komplett vernachlässigen sollte. Gerade die Schule sollte man neben dem Fußball auch sehr ernst nehmen.

 

Du hattest dir ja schon zu deiner Anfangszeit als Profi bei Werder Bremen einmal eine schwere Verletzung, einen Kreuzbandriss, zugezogen. Wie hast du es im Anschluss wieder geschafft, dich zu motivieren und letztlich auch wieder nach ganz oben im Profifußball zu kommen?

Bei mir ging es am Anfang meiner Profikarriere immer steil bergauf. Ich hatte meine ersten Einsätze in der Bundesliga, in der Europa League und sogar in der Champions League. Dann kam die blöde Verletzung, der Kreuzbandriss, durch die ich zehn Monate pausieren musste. Das ist damals bei einem Spiel für die zweite Mannschaft von Werder gegen Erfurt in der 3. Liga passiert. Ich wurde von der Seite umgegrätscht und dabei ist das Kreuzband gerissen. Die Zeit während der Verletzung war sehr schwierig für mich. Nach zehn Monaten kam ich dann zurück und hatte wieder meine ersten Einsätze in der zweiten Mannschaft von Werder. Sechs oder sieben Monate später habe ich mir einen Meniskusriss zugezogen und war wieder zwei Monate verletzt raus. Dadurch ging es mir dann auch mental so schlecht, dass ich erstmal sieben Monate mit Fußball pausiert habe. Ich wurde von Thomas Schaaf, der damals Trainer der 1. Mannschaft von Werder Bremen war, auch nicht mehr berücksichtigt. Das Fußballgeschäft ist hart und man muss selbst stark sein und kann leider nur wenig Schwäche zeigen, wenn man weiter oben mitspielen will.

 

Onur Ayik über den Tiefpunkt seiner Karriere

„Ich habe gehofft, dass meine Fußballkarriere noch weitergeht, aber war mir nicht mehr sicher, ob es noch für ganz oben reicht. Deswegen habe ich einfach mal sechs, sieben Monate Ruhe gebraucht.“

 

In diesem Zusammenhang, wie war denn dein Verhältnis zu Thomas Schaaf, insbesondere auch im Vergleich der Zeit vor den Verletzungen und danach?

Als ich damals hochkam in die 1. Mannschaft von Werder habe ich von ihm Anerkennung und auch eine Chance bekommen, er war sehr überzeugt von mir. Als ich nach der ersten Verletzung nicht mehr so stark zurückkam, hat man auch die Anerkennung nicht mehr bekommen. Ich habe insgesamt acht Jahre für Werder gespielt und etwas geleistet, aber die Wertschätzung war dafür dann nicht mehr da und deswegen hat man sich dann irgendwann getrennt.

 

Wie lief die Trennung genau ab? Ist dein Vertrag dann einfach ausgelaufen?

Ja genau, mein Vertrag lief dann aus. Werder wollte eigentlich erst nochmal um ein Jahr mit mir verlängern, aber dann kam es zu Missverständnissen und ich habe mich dann von Werder getrennt. Roger Schmidt hat damals im Rahmen der Ausbildung für seine Trainerlizenz bei Werder Bremen hospitiert. Er war von meinen spielerischen Qualitäten überzeugt und hat mich dann zur nächsten Saison zu Paderborn, die damals in der 2. Liga spielten, eingeladen. Ich habe dann dort vorgespielt und er wollte mich auch unbedingt haben. Allerdings ist er dann als Trainer zu Red Bull Salzburg gewechselt, sodass mein Wechsel zu Paderborn auch geplatzt ist. Das war dann die Zeit, wo ich mental ziemlich am Ende war. Ich habe gehofft, dass meine Fußballkarriere noch weitergeht, aber war mir nicht mehr sicher, ob es noch für ganz oben reicht. Deswegen habe ich einfach mal sechs, sieben Monate Ruhe gebraucht.

 

Wie war diese Zeit für dich, hat es dir etwas gebracht? Hast du während dieser Zeit überhaupt trainiert und wie ging es dann letztlich weiter für dich?

Ich habe die Zeit sehr genossen. Trainiert habe ich schon, aber nur individuell. Es war im Rückblick betrachtet eine wirklich schöne, aber zugleich eine harte Zeit, weil einem der Fußball natürlich auch gefehlt hat. Ich konnte jedenfalls viel mehr Zeit mit der Familie verbringen, was sonst ja kaum möglich war, wenn man immer unterwegs ist. Irgendwann hatte ich dann beschlossen, dass es wieder an der Zeit war zu kicken. Ich bin dann zum FC Oberneuland in die Regionalliga Nord gewechselt. Die waren damals letzter in der Liga, aber mit mir kamen noch ein paar ehemalige Kumpels von Werder zur Mannschaft und wir haben so einen Start hingelegt, dass wir am Ende Elfter wurden, obwohl ich dort nur sechs Monate gespielt habe.

 

Onur Ayik über seinen Wechsel in die türkische Süper Lig:

„Noch beim FC Oberneuland in der Regionalliga wurde ich gegen Ende der Saison von Spielerscouts von Elazigspor aus der Türkei gesichtet.“

 

Wie war das finanziell in der Regionalliga beim FC Oberneuland, hast du dort auch Geld verdient? Wie bist du überhaupt zu Oberneuland gekommen, lief das über deinen Berater?

Nein, das finanzielle hat dort keine große Rolle gespielt. Es ging für mich nur darum, wieder Fußball zu spielen, Spaß zu haben und dadurch wieder zu mir selbst zu kommen. Dieser Wechsel in die Regionalliga war von mir, im Nachhinein betrachtet, eine sehr gute Entscheidung. Ein Berater, den ich damals auch schon aus meiner Bremer Zeit kannte und der eigentlich immer von mir überzeugt war, hat mir dabei geholfen. Ich bin ihm sehr dankbar dafür, dass er mir den Verein vermittelt hat und auch alles so lief wie geplant.

 

Das hättest du ja wahrscheinlich selbst auch zunächst gar nicht so erwartet. Wie war es dann nach der Saison dort? Du bist ja dann in die Türkei gewechselt, oder?

Wir hatten das alles vorher abgesprochen und ich habe damals von vornherein gesagt, dass ich nur zum FC Oberneuland wechsle, um dort wieder Spielpraxis zu sammeln. Nach Ende der Saison im Sommer hatte ich dann wieder Pläne höher zu spielen. Im Sommer bin ich dann in die Türkei gewechselt, genau. Noch beim FC Oberneuland in der Regionalliga wurde ich gegen Ende der Saison von Spielerscouts von Elazigspor aus der Türkei gesichtet. Die kannten mich auch schon aus meiner Zeit bei Werder, nur damals war ein solcher Wechsel in die Türkei kein Thema, das kam erst durch die Zeit nach meiner Verletzung.

 

Onur Ayik über sein Leben in der Türkei:

„In Akhisar fühle ich mich nach wie vor richtig wohl, ich habe mich dort richtig gut eingelebt.“

 

Du hast dann in der Türkei erst bei Elazigspor im Osten gespielt, dann bei Karabükspor im Norden am Schwarzen Meer, jetzt bei Akhisarspor im Westen. Du bist ja türkischstämmig, trotzdem die Frage: Wie ist das Leben für dich in der Türkei allgemein? Wie lassen sich die türkischen Vereine untereinander vergleichen?

Ich bin ja in Deutschland geboren und aufgewachsen und man nimmt dann natürlich auch die deutsche Kultur in die Türkei mit, auch wenn man türkischstämmig ist. Die erste Zeit war es ziemlich schwer für mich, insbesondere am Anfang bei Elazigspor im Osten der Türkei. Dort sind die kulturellen Unterschiede zu Deutschland schon sehr groß. Es lief dann allerdings fußballerisch für mich sehr gut, wir hatten eine gute Saison mit Elazigspor und daraufhin bin ich dann zu Karabükspor gewechselt, wo es erst auch gut lief, allerdings sind wir dann abgestiegen, woraufhin ich wiederum zu Akhisar gewechselt bin, um weiterhin in der Süper Lig spielen zu können. In Akhisar fühle ich mich nach wie vor richtig wohl, ich habe mich dort richtig gut eingelebt.

 

>> Wie gut sich Onur in Akhisar eingelegt hat, zeigt auch das folgende Video. In der Europa-League gelangt ihm ein toller Treffer gegen den FC Sevilla, aber seht selbst...


 

 

Letzte Frage: Gibt es irgendwelche bestimmten Accessoires, die du im Spiel trägst? Welche Schuhe trägst du zum Kicken, immer noch Nike?

Ich habe keinen bestimmten Aberglauben, aber ich habe als ich 15 war bei Werder mit einem Koreaner zusammen gespielt, super Typ, und der hat mir damals Schienbeinschoner geschenkt, die habe ich auch heute noch und benutze sie auch noch ab und zu. Was meine Schuhe angeht, spiele ich momentan mit Nike-Schuhen, vor fünf Jahren habe ich allerdings auch mal mit Adidas-Schuhen gespielt. Ich nutze die Nike Mercurial Vapor.

 

Lieber Onur, vielen Dank für das ausführliche Gespräch!

 

Neben diesem Interview mit Onur Ayik findet ihr in unserem Blog auch weitere Interviews mit Top-Spielern, die von ihrer Karriere erzählen und von Höhe und Tiefen berichten. Im Zentrum der Interviews steht dabei unter anderem die Frage, wie die Spieler es geschafft haben, Fußball-Profi zu werden. Also schaut gerne wieder rein bei den Transferiva-Interviews!

Categories: Allgemein

0 Comments

Schreibe einen Kommentar

Avatar placeholder

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert